Was passiert, wenn der Verfahrensbeistand kommt?
Grundsätzlich dürfen Sie darüber bestimmen, wie und wo Ihre Kinder leben. Was sie essen, was sie anziehen und wann sie ins Bett müssen oder auch nicht. Je älter ein Kind wird, umso mehr Mitgestaltungsrecht hat es.
Doch was ist, wenn sich die Eltern nicht mehr einigen können und um gewisse Punkte streiten, welche die gemeinsamen Kinder betreffen? Dann kann ein Dritter eine entscheidende Hilfe sein, bei der Frage, was für das Wohl des Kindes am besten ist. In letzter Instanz kann dann der/die Richter/in helfen. Der Richter hört sich alle Meinungen und Vorstellungen an, um am Ende mit diesem Wissen eine Lösung zu finden, die dem Wohl des Kindes am ehesten entspricht.
Da es bei diesen Streitigkeiten um Ihr Kind geht, ist es wichtig und richtig, dass auch Ihr Kind eine Meinung, Wünsche und Vorstellungen bezüglich diesem hat und diese ebenfalls äußern kann.
Sie und der andere Elternteil haben in den meisten Fällen beide Anwälte. Dieser trägt Ihre eigene Meinung fachlich bei Gericht vor. Er informiert Sie darüber, was für Rechte Sie haben und wie Sie diese rechtlich sinnvoll umgesetzt bekommen. Das ist wichtig, damit ihre Wünsche und Vorstellungen am Ende auch in den richtigen Worten und der richtigen Art und Weise beim Richter ankommen.
Damit ihr Kind nicht nur bloßes Objekt des Verfahrens ist, sondern auch als Subjekt wahr und ernst genommen wird, wird durch das Gericht ein Verfahrensbeistand bestellt.
An dieser Stelle werde ich Beteiligte des Verfahrens. Als Verfahrensbeistand melde ich mich zunächst bei Ihnen. Entweder schreibe ich Ihnen einen Brief, in dem ich bitte einen Termin mit meiner Kanzlei auszumachen oder ich rufe Ihren Anwalt an, um diesen zu bitten, den Kontakt zwischen Ihnen und mir herzustellen.
Ob ich beim ersten Termin zu Ihnen nach Hause komme oder Sie bitte in meine Kanzlei zu kommen entscheide ich von Fall zu Fall und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ich muss etwa nicht zur Kindesmutter nach Hause kommen, wenn der Umgang mit dem Kindesvater geregelt werden soll. Ein zum Beispiel 15 Jahre altes Kind schätzt oft auch eine professionelle Umgebung für ein Gespräch, wenn es mit den Eltern zu Hause gerade schwierig ist.
Bei dem ersten Gespräch lernen wir uns zunächst kennen. Ich stelle meine Funktion und mich vor und Sie bekommen Gelegenheit Ihre Fragen zu stellen. Ich möchte erfahren, wie es zu dem Verfahren gekommen ist und was Ihre Gedanken dazu sind.
Im Anschluss möchte ich, wenn das Kind dies zulässt, grundsätzlich mit dem Kind allein reden. Dies ist wichtig, um auch dem Kind den Raum für Fragen und die Äußerung von Wünschen zu geben. Ich erkläre dem Kind altersgerecht, was los ist und wie es im Verfahren weitergehen kann. Ich bespreche mit ihm, was der Grund für meinen Besuch ist.
Durch Erklären, dass das Kind den Streit zwischen den Eltern nicht entscheidet, es aber selbstverständlich eine Meinung äußern darf, versuche ich ihm die Verantwortung für den Streit der Eltern zu nehmen.
Viele Kinder berichten, dass sie sich durch die Arbeit des Verfahrensbeistands aktiv am Verfahren beteiligt gefühlt haben. Dadurch hatten sie nicht das Gefühl, dass über ihre Köpfe hinweg etwas entschieden wurde und konnten so gerichtliche Entscheidungen gut aufnehmen und umsetzten.
Nachdem ich mit beiden Eltern, dem Kind und eventuell auch noch weiteren Bezugspersonen aus dem engeren Umfeld des Kindes gesprochen habe, schreibe ich eine Stellungnahme an das Gericht. Hierbei liegt mein Schwerpunkt auf der Vermittlung des Willens des Kindes an den Richter, wobei ich das Kindeswohl nie aus den Augen lassen kann.
Dadurch erhält der Richter einen Eindruck von den Wünschen und Beweggründen des Kindes, genau wie dieser durch Ihren Anwalt von Ihren Vorstellungen erfahren hat. Mit all diesen Informationen muss der Richter dann eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung treffen.
Entscheidet der Richter gegen den Willen eines Beteiligten, also auch gegen den Willen des Kindes, muss er sich schriftlich damit auseinandersetzen, warum er dem Willen nicht folgen konnte und was ihn zu seiner Entscheidung bewogen hat. Dieses aktive Auseinandersetzten mit der Meinung des Kindes hilft diesem, die Entscheidungen besser zu verstehen und sich dabei gesehen zu fühlen.
Haben Sie schon einmal Kontakt gehabt mit einem Verfahrensbeistand? Hatten Sie das Gefühl, dass dieser das Verfahren bereichert? Haben Sie weitere Fragen zum Ablauf einer Verfahrensbeistandschaft? Gerne tausche ich mich in den Kommentaren weiter zu diesem Thema mit Ihnen aus.